Der Lotussitz – schon Buddha liebte diese Sitzhaltung. Denn der Lotussitz ist die stabilste Sitzhaltung unter den Asanas und daher ideal für Pranayama und Meditation. Der edel wirkende aufrechte Sitz mit gekreuzten Beinen war zudem das erste Asana, das zu Zeiten Patanjalis gelehrt wurde. Denn nach dem indischen Philosophen, der den Yoga Weg in seinen Sutren systematisierte, hatte eine solche aufrechte Sitzahltung den primären Zweck Körperspannungen abzubauen und den Geist zu beruhigen um zur Mediation zu finden. Für uns Europäer ist dieser Sitz aber oft eine große Herausforderung – der Grund liegt bei unseren Hüftgelenken. Denn anders wie in Indien sitzen wir schon als Kinder auf Stühlen.
Eine stabile aufrechte Sitzhaltung welche mühelos gehalten werden kann, ist Voraussetzung für die Meditation. Liest sich leicht oder? Denn auch wenn es bei Buddha schön gemütlich aussieht – der Otto-Normal-Yogi weiß wie herausfordernd sitzen sein kann.
Die feste Bandstruktur unserer Hüftgelenke ist auf diese Form der Außenrotation nicht vorbereitet. Jeder Druck an den Innenseiten der Knie ist ein Zeichen, dass die Hüften noch Zeit brauchen. Flexible Hüftgelenke kann man aber trainieren z.B. mit dem Paschimottanasana. Andere Hilfsmittel wie ein Sitzkissen oder ein Block helfen ebenfalls Becken und Wirbelsäule aufzurichten. Ist keines dieser Hilfsittel in der Nähe hilft auch eine zusammengefalltete Decke.
Symbolik
Die Wurzeln der Lotusblüten liegen im dicken Schlick der aus abgestorbenen Pflanzen besteht. Die Blüten gedeihen im modrigen Teich und ernähren sich vom Schlamm. Der Lotus gilt in den Yoga-Lehren daher als Symbol der Reinheit. Die ineinander geschlungenen Beine erinnern an eine liegende Acht und verwurzeln uns fest mit dem Boden. Dieses ruhige Fundament ermöglicht unserer Wirbelsäule nach oben zu streben und aus den Wurzeln (damit ist der Beckenraum gemeint) Energie aufzunehmen. Die Wirbelsäule kann wie ein Stängel gesehen werden und der Scheitel wie eine Lotusblüte. Wie sehr lassen deine Wurzeln dich wachsen? Der Lotussitz lädt ein diese Frage zu beantworten und die eigenen Wurzeln zu spüren.
Wirkung
Die Hüfte öffnet sich und hilft in der Sitzhaltung stabil und verwurzelt die Gedanken zu zentrieren. Der Geist wird beruhigt da die Energie in einem geschlossenen Kreislauf zirkuliert. Achtung bei Arthrose im Hüftgelenk, Schäden am Miniskus (bzw. bei anderen Knie-Wehwechen) oder bei akuten und chronischen Beschwerden im Fußgelenk – dein Yoga Lehrer weiß bestimmt Rat wie du die Sitzhaltung abändern kannst. Auch bei schweren Durchblutungsstörungen und tiefen Krampfadern sollte man auf eine andere Sitzhaltung (z.B. den Fersensitz auf einem großen Sitzkissen) ausweichen.
Ausführung
Als Vorbereitung ist der Schmetterling (Sitzen mit angewinkelten Knien, Füße berühren einander) eine ideale Übung. Und so geht’s zum Lotussitz:
- Komme in den Langsitz, deine Wirbelsäule ist dabei so gerade, als hättest du einen Stock verschluckt. Leichter ist dies in einer erhöhten Sitzhaltung z.B. mit einem Kissen.
- Komme zunächst in den halben Lotossitz, indem du die linke Ferse zu deinem Damm legst. Umgreife den rechten Fuß mit nach oben gedrehter Fußsohle und lege ihn am linken Oberschenkel ab. Die Knie sollten so weit wie möglich Richtung Boden sinken.
- Wenn es dir möglich ist bringe den zweiten Fuß in die andere Leiste, sodass du in den vollkommenen Lotussitz kommst. Deine Unterschenkel kreuzen sich.
- Richte dich auf und lege die Handrücken auf die Knie. Handgelenke, Finger und Ellenbogen sind gerade. Wer möchte kann Daumen und Zeigefinger verbinden (Chin Mudra).
- Verweile nun einige Atemzüge lang. Typischerweise liegt das linke Bein über dem rechten Bein da so die ruhige Energie der linken Körperseite dominiert. Dennoch gilt es von Zeit zu Zeit die Beine abzuwechseln.
Spürst du ein Ziehen in deinen Knien? Eine gute Alternative ist der Schneidersitz – oder du verweilst einfach wie oben beschrieben im halben Lotossitz (Ardha Padmasana).
In dieser Serie bereits erschienen:
- Die Totenstellung (Shavasana)
- Der Pfau (Pincha Mayurasana)
- Die sitzende Vorbeuge (Paschimottanasana)
- Die Heldenhaltung (Virabhadrasana )
- Der Baum (Vrikshasana)
- Die Krähe (Bakasana)
- Der Sonnengruß (Surya Namaskar)
- Der Tänzer (Natarajasana)
- Der herabschauende Hund (Adho Mukha Svanasana)
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