Alle Eltern wollen das Beste für ihr Baby. In punkto Beikost gar nicht so einfach. Denn die Verdauung ist bei Säuglingen noch in der Aufbauphase und das schwächste Glied der Kette. Schon kleine Fehler in der Ernährung können zu Beschwerden wie einem roten Po, Verstopfung oder Schnupfen führen. Wie geht man das Thema Beikost daher richtig an? Die Ernährungsempfehlungen reichen von vorgekochten und eingefrorenen Gemüseglässchen bis hin zu Bananen mit Joghurt. Was sagt die Traditionelle Chinesische Medizin dazu? Wie begleitet man den Säugling zu seinem ersten Löffelchen und macht ihn stark für die Welt da draußen? Wir sprechen darüber mit TCM Expertin Bettina Gross von tcm-leichtgemacht.at, deren Herzensthema die Beikost nach TCM ist.
Liebe Bettina, du hast 5 Jahre lang chinesische Medizin und Akupunktur in San Diego, Kalifornien studiert. Heute arbeitest du u.a. als Coach für Mamas zum Thema Beikost nach der TCM. Warum ist das dein Herzensthema?

Das hat tatsächlich mehrere Gründe. Als Mama eines kerngesunden Zweijährigen wünsche ich mir einfach, dass jedes Kind die Möglichkeit eines optimalen Starts ins Leben erhält!
Immer mehr Babys und Kleinkinder leiden unter Koliken, Verstopfung, Durchfall, Appetitlosigkeit, Hautkrankheiten, Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, häufigen Erkältungskrankheiten und Entzündungen, sowie Asthma und ADHS.
Tatsächlich können diese Beschwerden aber meist eindeutig auf eine falsche Ernährung zurückgeführt und somit vermieden werden.
Die Ernährung gehört zu den ersten Dingen die auf den Babyorganismus einwirken und die Basis für eine robuste Gesundheit bilden. Ernährungsfehler die in der Kindheit begangen werden, können die Gesundheit für den Rest des Lebens negativ beeinflussen. Und dabei ist Ernährung so einfach umzusetzen und doch so mächtig in ihrem Wirken.
Ich bin auch davon überzeugt, dass Eltern immer das Beste für ihre Kinder wollen. Allerdings ist es bei der Flut an oft widersprüchlichen Informationen wirklich schwer, den Überblick zu bewahren und Entscheidungen zu treffen. Aus diesem Grund hoffe ich, durch meinen Blog, so viele Mamas und Papas wie möglich zu erreichen und von der 5 Elemente Ernährung für ihr Kind zu überzeugen. Damit einerseits die Kleinen ihre ersten Lebensjahre unbeschwert genießen können und andererseits eine solide Grundlage für deren körperliche Gesundheit und Zukunft gelegt wird.
Wann ist laut TCM der richtige Zeitpunkt, mit Beikost zu starten?
Den „richtigen Zeitpunkt“ bestimmen Mama und Baby immer selbst und zwar dann, wenn es sich für beide gut anfühlt. Das Zeit lassen ist beim Beikoststart nach TCM ein ganz wichtiger Faktor. Immer wieder höre ich von Mamas, dass sie von ihrem Umfeld stark unter Druck gesetzt werden, doch endlich mit Beikost zu beginnen oder schneller voran zu schreiten. Das finde ich sehr bedenklich. Es gibt einen guten Grund für die Fähigkeit der Mutter mehrere Jahre zu stillen. Muttermilch ist und bleibt die beste Nahrung für Babys.
Ich empfehle deshalb immer mindestens 6 Monate voll zu stillen, wenn es möglich ist. Wenn nicht so lange gestillt werden kann, ist es auch möglich früher mit der Reissuppe im Fläschchen zu beginnen.
Die Umstellung des Verdauungstraktes eines Babys von der Muttermilch auf erste Nahrungsmittel ist sicherlich keine einfache. Wie beginnt man nach der TCM mit der Beikost? Gibt es hier eine optimale Vorgehensweise?
Eine der Besonderheiten am Beikoststart nach TCM ist die Reissuppe, auch Congee genannt, mit der man die Beikost einleitet. Congee ist leicht verdaulich und reich an Qi. Der Reis unterstützt den Knochen- und Muskelaufbau und wirkt beruhigend auf den Verdauungstrakt.
Die ersten Wochen wird dem Baby nur der Reisschleim, also die Flüssigkeit der Reissuppe angeboten. Es mag uns recht geschmacklos erscheinen, aber Babys, deren Geschmackssinn ja noch völlig unbelastet ist, lieben die feine Süße der Reissuppe. Sie erinnert sie sowohl im Geschmack als auch in der Konsistenz an die Muttermilch.
Es spricht nichts dagegen die Reissuppe mit Milch, ich bevorzuge Ziegenmilch, zu mischen. Nach und nach werden auch feste Bestandteile des Congee angeboten und Gemüse- bzw. Obstpüree beigemengt.
Der Beikoststart bzw. das Abstillen nach der TCM ist ein sehr sanfter und langsamer Prozess, der für jedes Mama-Baby-Paar individuell abläuft.
Ein Baby das beispielsweise 6 Monate voll gestillt wird, ersetzt ca. alle 4 bis 6 Wochen eine Brustmahlzeit durch eine „feste“ Mahlzeit, wobei erst ab dem 8 Monat Gemüse oder Obst zum Congee gemischt wird.
Was sagt die TCM zu Fleisch im ersten Lebensjahr?
Eine andere Besonderheit an der Beikost nach TCM ist, dass Fleisch erst ab dem vollendeten ersten Lebensjahr auf dem Speiseplan steht, weil es sehr schwer verdaulich ist und das noch empfindliche Verdauungssystem zu stark belasten würde.
Das ist ein Punkt den Kinderärzte häufig kritisieren. Im konventionellen Beikoststart, der allerdings stark von der Nahrungsmittelindustrie beeinflusst ist, kommt Fleisch bereits ab dem 6 Monat oder noch früher, auf den Tisch und das mehrmals pro Woche.
Begründet wird das immer mit dem erhöhten Eisenbedarf der Babys, der angeblich von der Muttermilch nicht mehr gedeckt wird.
Diese Sorge ist allerdings mit der Beikost nach TCM unbegründet. Die selbst zubereiteten Speisen aus Getreide, Obst und Gemüse aus biologischer Landwirtschaft, sind vollgepackt mit Mineralien und Vitaminen. Auch in pflanzlichen Lebensmitteln ist reichlich Eisen enthalten, das durch die Kombination mit Vitamin C-haltigem Gemüse und Obst problemlos aufgenommen werden kann.
Und Zucker?
Industriell hergestellter Zucker hat meiner Meinung nach in der Ernährung von Babys und Kleinkindern nichts verloren.
Gerade im ersten Lebensjahr ist es völlig unnötig Speisen zu süßen. Später können Süßmacher wie Gerstenmalzsirup, Reissirup, Kokosblütenzucker aber auch Honig oder Vollrohrzucker sparsam eingesetzt werden um mehr Süße ins Leben zu bringen.
Auch das Mitkochen von Trockenfrüchten verleiht Speisen eine angenehme Süße und bringt noch zusätzliche Nährstoffe.

Aus Zeitgründen wird häufig empfohlen Brei vorzukochen und einzufrieren? Wie stehst du zum Thema einfrieren und Mikrowelle?
Die TCM befürwortet weder das eine noch das andere. Tiefkühlkost enthält durch das Gefrieren nur mehr wenig Qi und verliert auch durch das Erwärmen seine kühlenden Eigenschaften auf unsere Verdauungsorgane nicht. Da es ja unser Grundbestreben ist die Mitte der Kleinen mit gekochten und thermisch warmen Speisen warm zu halten, ist das natürlich kontraproduktiv.
Mit der in der Mikrowelle erhitzen Nahrung verhält es sich ähnlich. Auch sie enthält kaum mehr Qi und ist in ihrer Schwingung so verändert, dass der Körper nicht mehr erkennen kann, worum es sich eigentlich handelt. Man könnte genauso gut Papier essen…
Es gibt allerdings auch ganz tolle Zeitspartipps um die Beikost nach TCM alltagstauglich und für die Mamas einfach zu gestalten.
Ich empfehle, immer gleich große Portionen zu kochen und diese dann heiß in Schraubgläschen abzufüllen. Gemüsebrei, Obstmus oder Suppen halten sich so im Kühlschrank für mehrere Wochen. Für noch längere Haltbarkeit kann man die Gläschen noch zusätzlich einwecken.
Erwärmen kann man dann ganz schnell und leicht im Wasserbad oder Fläschchenwärmer, übrigens auch wenn man unterwegs ist.
Können wir sonst etwas tun, um die Mitte unseres Babys zu stärken? Zum Beispiel Akupressurpunkte etc., die unterstützend massiert werden können?
Ja, auf jeden Fall! Akupressur und Babymassage sind beide sehr wirksam um die Verdauung zu stärken und zu unterstützen. Ich gebe den Mamas die ich begleiten darf eine kurze Wellnessmassage mit auf den Weg, die leicht in die tägliche Routine integriert werden kann. Die Kleinen lieben es einfach und die Bindung zwischen Elternteil und Baby wird zusätzlich gestärkt. Die gesamte Massage hier zu erklären würde den Rahmen leider sprengen, aber eine Technik der 5-teiligen Massage möchte ich gerne mit dir teilen:
Kreisförmige Bauchmassage:
Dabei kreisen deine 4 Finger ca. eine Minute lang mit sanftem Druck im Uhrzeigersinn um den Bauchnabel. Das unterstützt sowohl die Verdauung als auch die Ausscheidungen und stärkt dadurch auch das Immunsystem.
Babypuder oder ein paar Tropfen Bäuchleinöl sorgen dafür, dass deine Bewegungen fließen und es nicht auf der zarten Haut reibt.
Gibt es deiner Erfahrung nach einen optimalen Zeitpunkt zum Abstillen?
Persönlich bin ich ja ein totaler Fan des Langzeitstillens, aber letztendlich muss das jede Mama selbst entscheiden. Die Mamas und auch Babys kommen oft an einen Punkt an dem es einfach nicht mehr stimmig ist zu stillen. In dem Fall sollte man nichts erzwingen.
Die Stillzeit ist eine wunderschöne Erfahrung die Mama und Baby miteinander erleben dürfen – auch wenn es natürlich nicht immer reibungslos funktioniert – und das soll es auch bleiben.
Wichtig ist, dass man sich nicht von seinem Umfeld verunsichern lässt und seinem Bauchgefühl folgt.
Hast du ein Lieblingsrezept für die ersten Mahlzeiten, das du mit uns teilen möchtest?
Ja absolut! Und zwar möchte ich das Congee Rezept mit dir teilen, das ist zwar sehr einfach, dafür aber die Basis für viele Beikostgerichte.
Reissuppe oder Congee:
- 1 Teil Bio Vollkorn-Rundkornreis + 10 Teile Wasser
- 4 Stunden auf kleiner Flamme köcheln lassen
- durch ein feinmaschiges Sieb abseihen
- pro 100ml 4 Tropfen Weizenkeimöl
Optional
- 2 Teile Reissuppe mit 1 Teil Ziegenmilch/Mandelmilch vermischen evt. kurz gemeinsam aufkochen lassen und danach auf 37°C abkühlen.
Mit diesem Rezept beginnt man die Beikost frühestens ab dem 5. Monat. Der Brei kann mit dem Löffelchen oder dem Fläschchen angeboten werde, zum Beispiel mittags ohne und abends mit Milch. Es ist ganz normal, dass Babys anfangs nur ein paar Löffelchen essen. Nach und nach steigert sich das, bis eine Brustmahlzeit oder Flaschenmahlzeit ersetzt wird.
Nach 4 Wochen kann man beginnen den Reis durch das Sieb zu streichen und die Reissuppe 1 zu 1 mit der Ziegenmilch zu mischen.
Ab dem 8 Monat vereinfacht sich die Zubereitung.
- 1 Teil Vollkorn-Rundkornreis + 2,5 Teile Wasser
- 4 Stunden einweichen und 45 min weichkochen
- anschließend pürieren
- einen Teelöffel Mandelmus beifügen
- pro 100ml 4 Tropfen Weizenkeimöl
oder
- 1 Teil Reissuppe mit 1 Teil Ziegenmilch vermischen
Dieses einfache Rezept in seinen Variationen kann Folgemilch, Abendbrei & Co. wunderbar ersetzten und das Tolle daran ist, dass du genau weißt was drin ist! Es ist eben richtige Nahrung und nicht ein Pulver das in Wasser aufgelöst wird.
Ich hoffe wirklich das ich noch mehr Mamas dazu begeistern kann, ihre Kinder bewusst natürlich zu ernähren. Was auf den ersten Blick vielleicht für manch eine Mama kompliziert und überwältigend wirken mag, ist in Wirklichkeit ganz einfach und vor allem alltagstauglich.
Wie können dich interessierte Eltern erreichen?
Ich stehe natürlich allen gerne zur Seite die sich auf diesem Weg Unterstützung wünschen. Seit kurzem auch über meine Facebook Gruppe Bettina Gross – Beikost Leichtgemacht, wo ich mit Rat und Tat unterstütze.
Sollte ich dein Interesse geweckt haben, findest du in meinem Blog unter www.tcm-leichtgemacht.at noch mehr Infos zum Thema 5 Elemente Ernährung für Mama und Baby.
Vielen lieben Dank für deine Zeit Bettina!