Keine Angst vor Schlangen! Denn im Yoga können wir von der Kobra, eine Rückbeuge aus der Bauchlage, viel lernen. Die Kobra (Bhujangasana) ist eine königlich anmutende Schlange, die sich mühelos aufzurichten vermag. Schon Babys versuchen diese Form der Aufrichtung zu imitieren, um ihr Sichtfeld zu erweitern und die Welt zu entdecken. Wenn wir heute als Erwachsener über das Sehen in die Aufrichtung kommen, fällt uns die Kobra nicht nur leichter, sondern man stärkt auch ganz nebenbei, Rücken-, Schulter- und Nackenmuskulatur.
Symbolik und Mythologie
Die Kobra schlängelt sich aber nicht den ganzen Tag königlich in den Himmel. Wie alle Schlangen ringelt sie sich ein, wenn sie eine Runde rasten möchte. Im Yoga ist dies ein Symbol für die ruhende Lebensenergie, genannt Kundalini (dt. die Zusammengerollte), die an der Basis der Wirbelsäule in einem tiefen Schlaf liegt. Wenn diese Energie am unteren Ende der Wirbelsäule aufwärts strömt, ist die Kundalini erwacht. Diese Phase zeigt die Kobra als Asana. Aber die Kobra steht noch für einen weiteren Aspekt: die Wandlung. Denn Schlangen wachsen ein Leben lang, nicht aber ihre Haut. Daher müssen sie sich von Zeit zu Zeit ein neues Schuppenkleid zulegen. Auch wir Menschen möchten oft in einer anderen Haut stecken. Immer wieder merken wir, dass uns allmählich etwas zu eng wird: der Beruf, die Beziehung oder die eigenen Denkmuster. Wir möchten wachsen!
Wirkung der Kobra
Achte einmal auf deine Kopfhaltung, während du diesen Artikel liest. Rutscht dieser gemeinsam mit den Schultern nach vorne? Das ist nicht unüblich, insbesondere, wenn wir lange sitzen. Die Nackenmuskulatur muss so das Gewicht des Kopfes in einem ungünstigen Winkel tragen, während die vordere Halsmuskulatur die Spannung verliert. Die oft schwache Rückenmuskulatur hat da oft nur wenig dagegen zu setzen. Wenn dann auch noch die Brustmuskulatur verkürzt ist, sind Nackenschmerzen vorprogrammiert. Auch der oberen Rücken und die Schulterblätter werden in Mitleidenschaft gezogen. Glücklicherweise hilft uns die Kobra, die Balance im oberen Rücken und Nacken wieder herzustellen. Die oft so verkürzte Brustmuskulatur wird gedehnt, die vordere Halsmuskulatur aktiviert und der obere Rücken gekräftigt. Die Kobra verbessert so die gesamte Körperhaltung und lässt uns eine angenehme Weite im Brustraum erfahren.
Anleitung Bhujangasana
- Komme in die Bauchlage, die Fußballen berühren sich, während die Fersen in etwa zwei Zentimeter voneinander entfernt sind. Achte darauf, dass deine Zehen gerade nach hinten weisen und die Fußrücken mittig am Boden liegen. Alternativ kann man die Beine auch geöffnet halten, mit geschlossenen Beinen, hat man aber mehr Haltekraft.
- Deine Stirn liegt am Boden auf, die Hände sind unter den Achselhöhlen positioniert.
- Spanne deine Oberschenkel an, so dass sich die Knie vom Boden heben.
- Aktiviere ausatmend deinen Beckenboden, dein Kreuzbein verlängert sich.
- Einatmen. Ziehe nun deinen Unternbauch direkt hinter dem Schambein nach hinten oben. Der Unterbauch hebt sich ganz leicht und die Lendenwirbelsäule wird optimal stabilisiert.
- Ausatmen, spreize deine Finger weit auseinander und lasse den Zeigefinger nach vorne zeigen. Ellbogen liegen dicht am Brustkorb.
- Hebe einatmend die Schultern vom Boden ab, die Stirn liegt zunächst noch auf. Atme weiter ein während dein Hinterkopf nach vorne zieht. Dein Nacken erfährt dabei eine wunderbare Länge.
- Ausatmend kannst du einen „Zwischenstopp“ einlegen und dich mit der nächsten Einatmung weiter aufrichten. Dein Brustbein zieht nach oben, Schultern nach unten sinken lassen. Du kannst mit den Händen zudem leicht in den Boden drücken und nach hinten ziehen.
- Verweile für einige Atemzüge. Deine Schultern ziehen nach unten. Mit jeder Einatmung gewinnst du an Weite im Brustraum.
- Verlasse das Asana ausatmend und lege den Oberkörper ab. Du kannst deinen Kopf nun auf die Seite legen.
- Bleibe für einige Atemzüge entspannt in der Bauchlage.
Zu viele Details für ein Asana? Wenn die Kobra nicht gerade das Hauptasana in einer Yoga-Stunde ist, wird diese wahrscheinlich weniger umfangreich angeleitet. Es lohnt sich aber, sich intensiv mit Bhujangasana auseinanderzusetzen, weil es sich um eine Schlüsselposition handelt, die bei vielen Vinyasas eine Rolle spielt. Zudem vermittelt die Kobra eine schöne Verbundenheit mit der Erde, während man sich gleichzeitig in die Luft erhebt.
Natürlich kann die Kobra auch mit wenigen Worten angeleitet werden. Hier eine Video-Demonstration zu der Kobra
Typische Fehler
- Der Kopf wird zu weit in den Nacken gelegt, um eine intensivere Rückbeuge zu imitieren. Das ist nicht nur ungemütlich, sondern bringt auch nicht den gewünschten Effekt. Lasse dein Kinn in der Kobra entspannt sinken, sodass der Nacken lang wird und der Hinterkopf nach oben strebt.
- Die Schultern werden gerne zu den Ohren gezogen. So soll es aber nicht sein – die Schultern ziehen nach hinten unten.
- Wichtig ist auch zu verstehen, dass die Dehnung im Brustkorb und im oberen Rücken stattfindet, nicht im unteren Rücken.
Variationen und Kontraindikationen
Die Kobra kann dynamisch und statisch geübt werden. Idealerweise übt man vorher dynamisch und hält Bhujangasana danach für einige Atemzüge in der Statik. Zudem kann die Armhaltung varriiert werden z.B. mit schräg nach vorne gestrecken Armen oder mit übereinanderliegenden Händen. Sehr beliebt ist auch die Shpinx zur Entlastung des unteren Rückens. Hier sind die Unterarme am Boden abgelegt.
Vorsicht! Bei akuten Problemen mit der unteren Wirbelsäule oder bei Entzündungen im Bauchraum ist bei der Kobra Vorsicht geboten. Es leuchtet zudem ein, dass die Kobra ab der zweiten Schwangeschaftshälfte nicht mehr möglich ist. Hier sollte man auf andere Rückbeugen ausweichen.
In dieser Serie bereits erschienen
- Der Lotussitz (Padmasana)
- Die Totenstellung (Shavasana)
- Der Pfau (Pincha Mayurasana)
- Die sitzende Vorbeuge (Paschimottanasana)
- Die Heldenhaltung (Virabhadrasana )
- Das Dreieck (Trikonasana)
- Die Krähe (Bakasana)
- Der Sonnengruß (Surya Namaskar)
- Der Tänzer (Natarajasana)
- Der herabschauende Hund (Adho Mukha Svanasana)
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Super Anleitung, vielen Dank dafür. Ich interessiere mich seit über zwei Jahren für Yoga und mache seitdem auch regelmäßig Übungen. Mein Programm konnte ich nun Dank der ausführlichen Anleitung um diese Figur erweitern. Schön, dass ich diese Serie entdeckt habe, freue mich schon auf weitere Artikel.