Pferde sind Fluchttiere. Das bedeutet nichts anderes, als das sie geborene Feiglinge sind. Mit Platzangst auf die Welt gekommen, sind sie ständig geneigt, planlos davonzulaufen. Das klingt gemein, ist aber so. Die Art wie Menschen damit umgehen, könnte unterschiedlicher nicht sein – vom verzweifelten Karrottenbestecher bis zum einschüchternden Gertenträger ist hier alles dabei. Beide bleiben meist erfolglos. Denn sie flehen das Tier an. Und flehenden Leittieren folgt man nicht. Es ist der Weg der Mitte, der das Pferd auf Schiene bringt. So sanft wie möglich, so bestimmt wie nötig. Und das ist jene Einstellung, die auch den Menschen gut tut.
Pferde als Spiegel der Seele
Pferde leben und denken in der Gegenwart. Sie planen nicht voraus sondern sind darauf fokussiert, jetzt in diesem Augenblick eine mögliche Gefahr zu erkennen. Davon können Pferdeliebhaber ein Lied singen: Ein Chihuaha wird schon mal für einen Berglöwen gehalten und die Wasserpfütze für einen reißenden Fluss. Natürlich sind nicht alle Pferde so. Wichtig ist: Pferde leben von Augenblick zu Augenblick. Aus diesem Grund ist es bei der Arbeit mit dem Tier so wichtig, in der Gegenwart zu sein. Gibt man dem Pferd das Gefühl, unsicher und ängstlich zu sein, wird sich das schlagartig übertragen. Sitzt man hingegen mit beiden Beinen fest im Sattel, gibt klare Anweisungen und hat die Zügel fest im Griff, wird auch das Pferd sicher durch den Wald mit den vielen gefährlichen Rehen spazieren.
Runter von dem hohen Ross: Bei der Arbeit mit Pferden ist man gezwungen, sich mit sich selbst zu beschäften. Welche Muster bringe ich mit in den Stall? Und verhalte ich mich im Privat- oder Berufsleben ähnlich? Es geht darum, die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen. Sich auch mal Fehler einzugestehen und daraus zu lernen. Dann wird der Mensch vom Pferd respektiert. Das Pferd wird ihm freiwillig folgen. Egal wohin. Aus diesem Grund arbeiten auch viele Manager mit den Vierbeinern. Den eigenen Führungsstil zu verstehen, ist schließlich der erste Schritt ihn zu verbessern.
Pferde bringen einen in den Augenblick, lehren Authentizität und klare Kommunikation.
Kommunikation mit dem Pferd. Ohne Worte.
Der Blick des Reiters wendet sich nach rechts. Sogleich wendet das Tier elegant in die Blickrichtung, ohne dass eine Hilfestellung sichtbar ist. Es ist wie ein Zauber, Gedankenübertragung par excellence. Beim natürlichen Reiten oder Natural Horsemanship geht es mehr um die Grundeinstellung gegenüber dem Tier, als um einen bestimmten Reitstil. Es geht darum, die Kommunikation des Pferdes zu verstehen. Und da Pferde nicht reden können, erfolgt die Kommunikation eben ohne Worte. Es gilt feinfühlig zu werden, genau zu beobachten und klar zu zeigen, was man will. Gesunde Qualitäten – nicht nur am Pferderücken.
Klare Kommunikation besteht darin, dass zwei oder mehr Individuen den selben Gedanken haben.
Wünschenswert: eine harmonische Partnerschaft
Pferde lehren den Menschen, sich als Partner und nicht als Raubtier zu verhalten. Die Einstellung zwischen Pferd und Mensch soll fair und gerecht sein. Harmonisch. Mit anderen Worten sollen die Wünsche des Menschens gleichzeitig die Wünsche des Pferdes sein. Doch zuvor, muss der Mensch seine eigenen Wünsche kennen.
Bildnachweis: bigstockphoto.de