Wo könnte man besser einen Beitrag über Heilkräuter schreiben als mitten in einem Kräutergarten? Zwischen blühender Kamille und duftendem Lavendel, inmitten fleißiger Bienen und springender Heuschrecken. Ich sitze inmitten unseres Gartens und denke darüber nach, welche Heilkräuter es in mein Top 10 Ranking schaffen werden. „Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen“, lauten die Worte von Pfarrer Sebastian Kneipp. Und so ist es. Die Natur beschenkt uns mit einem Reichtum von Wurzeln, Blüten und Blättern die unseren Körper nähren und heilen – das ganze Jahr über. Jetzt ist die Zeit, diese Schätze zu sammeln, zu trocknen und zu verarbeiten, um für den Winter gerüstet zu sein.
Folgende Fragen werden in diesem Beitrag für dich beantwortet:
- Welche Heilkräuter kann ich für meine Hausapotheke sammeln?
- Welche Wirkung haben diese?
- Wie trocknet man die Heilkräuter richtig?
- Wie verarbeitet man diese richtig weiter (Mazerate, Tee, Bäder etc.)?
So geht’s: Kräuter sammeln und richtig trocknen
Der richtige Zeitpunkt zum Kräuter sammeln
Die meisten Kräuter werden während der Blüte gesammelt. Pflücke diese am besten vormittags. Wurzeln sollte man hingegen am Abend sammeln, wenn sich die Pflanzenkräfte wieder in den Boden zurückgezogen haben. Wichtig ist für alle Pflanzen, sie im trockenen Zustand zu sammeln, damit sie gut trocknen können.
In Bezug auf den Jahreslauf ergeben sich je nach Pflanze und Verwendung unterschiedliche Sammelschwerpunkte. Im Artikel findest du weiter unten unter jedem Heilkraut daher die empfohlene Sammelzeit.
Am 15. August erreichen die Wirkstoffe in den Pflanzen zudem ihren Höhepunkt. Daher werden die Heilkräuter nach alter Tradition zu dieser Zeit gesammelt und zu Kräuterbüscheln gebunden. 7, 9, 12 oder gar 99 Pflanzen – wie viele Heilkräuter das Büschel kommen, ist von Region zu Region unterschiedlich.
Richtiges Trocknen der Heilkräuter
Hat man die Kräuter gepflückt, gilt es, diese noch mal auf Tierchen zu prüfen und etwas zu säubern. Nun geht es ans Trocknen, wobei auf einen luftigen, trockenen Raum (z.B. Keller) geachtet werden soll.
Es gibt 3 einfache Möglichkeiten, um die gesammelten Kräuter zu trocknen:
- Kleine Sträuße bei einem Regal oder an einer Wand aufhängen
- Steige mit unbedrucktem Papier auslegen und darauf die Kräuter auflegen (sehr platzsparend da die Steigen übereinandergestapelt werden können)
- Kräutertrockner
Der Zeitraum bis die Heilkräuter richtig trocken sind, variiert je nach Sorte, Teil und Temperatur. Wichtig ist, dass die Kräuter nach dem Vorgang völlig trocken sind. Die trockenen Kräuter können schließlich in Gläsern, Stoff- oder Papiertüten aufbewahrt werden.

Mazerate, Tee & Co: Kräuter verarbeiten
Die verbreitetste Form, Kräuter zu sich zu nehmen ist Tee. Dabei kann man aus frisch gesammelten Kräutern auch Säfte, Wickel sowie Essig- und Ölansätze herstellen.
- Beim Tee werden Blätter oder Blüten aufgebrüht. Betreffend Dosierung und Anwendung hält man am besten Rücksprache mit einem Apotheker.
- Beim Mazerat (Kaltwasserauszug) werden Kräuter 30 Minuten in kaltem Wasser eingelegt, bis die Flüssigkeit von den Kräutern gefiltert ist und diese vollgesogen sind. Danach wird die Flüssigkeit ausgepresst, gefiltert und getrunken.
- In Öl eingelegte Kräuter können äußerlich eine tolle Anwendungsform sein. Kräuter, die häufig in Öl eingelegt werden sind Johanniskraut und Beinwell. Verwende dazu vorzugsweise ein dunkles Glas (gibt es z.B. in der Apotheke zu kaufen). Je länger die Kräuter im Öl liegen, desto stärker ist die Wirkung. Vor der Verwendung wird das Öl gefiltert.
Keine Frage, das Sammeln, Trocknen und Verarbeiten der Kräuter ist zeitaufwendig. Ich sammle daher meist die folgenden 10 Heilkräuter und verarbeite sie weiter. Für andere Anlässe – übrigens auch für meinen Hund und für mein Pferd – greife ich auf die Kräuterprodukte der Firma SonnenMoor zurück. Hier weiß ich, dass die Qualität und die Philosophie des Unternehmens im Einklang mit der Natur sind.
Die folgenden Angaben der Wirkstoffe sowie Anwendungsgebiete haben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Da ich derzeit eine TCM-Ausbildung mit Fokus auf westliche Kräuter absolviere, findest du hier auch die TCM-Wirkweise der Heilpflanzen. Folgende Kräuter werden vorgestellt:
- Echtes Johanniskraut
- Schafgarbe
- Grosse Brennessel
- Königskerze
- Echte Kamille
- Echter Beifuss
- Lavendel
- Frauenmantel
- Ackerschachtelhalm
- Löwenzahn
1. (Echtes) Johanniskraut (Hypericum Perforatum L.)
Vorkommen: an Wegrändern, lichten Gebüschen, Böschungen
Sammelzeit: Sommersonnenwende – rund um diese Zeit öffnet das Johanniskraut seine gelbleuchtenden Blüten
Wie: innerlich als Tee sowie Likör oder äußerlich als Badezusatz oder Öl
Wirkung: hilft innerlich bei Depressionen, Nervenschmerzen, PMS, Unruhe, Ängste, Schlafstörungen; äußerlich bei Verbrennungen sowie schlecht heilenden Wunden
Das sagt die TCM: wirkt dem Syndrom „Schleim verlegt die Herzkanäle“ entgegen, bringt den Inhalt des „Hun“ an die Oberfläche, beruhigt den Geist und nährt Herz- sowie Nieren-Yin
Als Tee Blüten und Blätter 3 bis 5 Minuten ziehen lassen. Als Badezusatz Triebspitzen mit 1/2l kochendem Wasser 10 Minuten ziehen lassen und den Absud ins Wasser geben – gut bei Nervenschmerzen.
2. Schafgarbe (Achillea Millefolium)
Vorkommen: Acker- und Wegränder, Weiden, Halbtrockenrasen, Wiesen
Sammelzeit: Blätter: März bis August; Blüten: Juli bis September
Wie: als Tee oder Pflanzenfrischsaft
Wirkung: als „Allesheiler“ bekannt, wirkt als Tee gegen Appetitlosigkeit, Magen- und Menstruationsbeschwerden sowie bei Gürtelrose, Gicht und Bluthochdruck; äußerlich helfen Schafgarbenauszüge gegen Entzündungen, unreine Haut, Frostbeulen oder zur Minderung gegen übermäßige Schweißbildung
Das sagt die TCM: tonisiert Milz- und Herz Qi, leitet feuchte Hitze und Schleim aus, stoppt milde Blutungen, wirkt Blut Stagnationen entgegen, beruhigt aufsteigendes Leber Yang
3. Große Brennnessel (Urtica Dioica L.)
Vorkommen: fast überall 🙂
Sammelzeit: Blüten, Blätter, Wurzeln und Samen ganzjährig
Wie: als Tee oder Wickel
Wirkung: innerlich bei chronischer Bronchitis, Arthritis, Müdigkeit, Drehschwindel, Akne, Anämie, Nasenbluten; äußerlich bei Verbrennungen
Das sagt die TCM: vertreibt Feuchtigkeit aus der Lunge und dem unteren Erwärmer, tonisiert mild das Leberblut, gut bei Leber-Stagnation sowie toxischer Hitze
Brennesselsamen sind echte Powerpakete und sollten unbedingt gesammelt werden. Frisch oder getrocknet auf Salat oder als Beilage in Gemüsegerichten verleihen sie Kraft und schenken eine Portion Eisen.
4. Königskerze (Verbascum phlomoides L.)
Vorkommen: Böschungen, Straßen- und Wegesränder, sowie auf Schuttplätzen in Höhenlagen bis 800 Metern
Sammelzeit: Blüten im Sommer zwischen Juli und September sammeln
Wie: Tee, Wickel
Wirkung: chron. Bronchitis, Keuchhusten, fieberhafte Infekte; äußerlich bei Akne oder Neurodermitis
Das sagt die TCM: nährt das Lungen Yin, klärt Hitze in der Lunge, wirkt innerem Wind entgegen und beruhigt den Geist
5. (Echte) Kamille (Matricaria Chamomilla L.)
Vorkommen: Äcker (besonders liebt sie Getreidefelder), Wege, Böschungen
Sammelzeit: Mai – Juli
Wie: innerlich (Tee, zum Inhalieren), äußerlich (Mundspülung, Badezusatz)
Wirkung: Brechreiz, Blähungen, Darmkoliken, PMS, Schlafproblemen, zahnende Babies; äußerlich bei Entzündungen, nässenden Ekzemen, Fisteln (als Mundspülung)
Das sagt die TCM: harmonisierend im Bereich des mittleren Erwärmers, bei Umkehrung des Magen-Qi, kühlt Magen-Feuer, wirkt mild Leber-Qi-Stagnationen und Herz-Feuer entgegen
Für eine Kamille-Tinktur 1 handvoll getrocknete Blüten mit 70%igem Alkohol ansetzen und 6 Wochen stehen lassen. Abfiltern und tropfenweise bei Beschwerden einnehmen.
6. (Echter) Beifuss (Artemisia vulgaris L.)
Vorkommen: Wegränder, Geröllplätze, Flussufer, Wiesen
Sammelzeit: das blühende Kraut von Juli bis September, Wurzel im Oktober
Wie: als Tee, in der TCM als Moxakraut verwendet
Wirkung: ausleitend, ausbleiben der Monatsblutung, unstillbare Blutungen (wenn geröstet), Wechselbeschwerden, Schmerzen die bei Wärme besser werden z.B. Rheuma; nicht in der Schwangerschaft trinken!
Das sagt die TCM: vertreibt Kälte in allen Meridianen, tonisiert Nieren Yan, stoppt Blutungen, stoppt Schmerzen speziell bei feuchter Kälte
7. (Echter) Lavendel (Lavandula angustifolia Mill.)
Vorkommen: Gärten, in Südfrankreich findet man ganze Felder
Sammelzeit: Juli – August
Wie: innerlich (Blüten als Tee), äusserlich (als Öl)
Wirkung: Herzklopfen, Angst, Unruhe, Migräne, Schlafprobleme
Das sagt die TCM: beruhigt den Geist, klärt Hitze, wirkt dem Syndrom „Schleim verlegt die Herzkanäle“ entgegen, leitet feuchte Hitze aus, gut bei innerem Wind

8. Frauenmantel (Alchemilla vulgaris L.)
Vorkommen: Wiesen, Bach, Straßenränder, Wälder
Sammelzeit: Mai bis September
Wie: innerlich (Tinktur, Tee), äußerlich (Badezusatz, Gesichtswasser)
Wirkung: Tausendsassa in Frauenangelegenheiten, reguliert Zyklus, Unterleibsbeschwerden, Wechselbeschwerden, PMS, Osteoporose; nur mit Vorsicht in der Schwangerschaft anwenden – kann Wehen auslösen!
Das sagt die TCM: leitet Leber-Feuer und Hitze im Blut aus, sowie feuchte Hitze im Dickdarm und in der Blase, stoppt Blutungen
9. Ackerschachtelhalm / Zinnkraut (Equisetum arvense)
Vorkommen: Äcker, Wiesenränder, Gräben und Böschungen; nie beim Teich, im Sumpf oder Wald ernten
Sammelzeit: Mai bis August
Wie: Anwendung äußerlich (Wickel, Sitzbäder) oder innerlich (Tee)
Wirkung: als Tee gut bei Blasenentzündung, Durchfall, Vergiftungen, Nierensteinen sowie Arteriosklerose, stärkt aufgrund des hohen Gehalts an Kieselsäure Bindegewebe; als Rohdroge (ungekocht) gut bei Rückenschmerzen, Osteoporose sowie brüchigen Fingernägeln und Wundheilungsstörungen; als Wickel gut bei Hautentzündungen (z.B. Akne) geeignet; Ackerschachtelhalm-Sitzbäder werden zudem bei Scheidenpilz empfohlen
Das sagt die TCM: als Tee zubereitet klärt das Zinnkraut feuchte Hitze in Blase und Dickdarm, leitet Feuchtigkeit aus, wirkt Qi-Stagnation im unteren Erwärmer entgegen; als Rohdroge tonisiert Zinnkraut das Lungen- und Nieren-Ying
Für den Zinnkrauttee werden die gesammelten Triebe luftgetrocknet und anschließend klein geschnitten. Für die Anwendung werden 1-2 TL mit heißem Wasser übergossen und nach wenigen Minuten genossen.
Als Badezusatz kann man 2 handvoll Schachtelhalme in 2 Liter kaltem Wasser 12 Stunden stehen lassen. Danach 20 Minuten kochen. Den Absud gibt man ins Badewasser. Dies hilft bei Haut- und Bindegewebsproblemen sowie Scheidenpilz.
10. (Gewöhnlicher) Löwenzahn (Taraxacum officinale sect. Ruderalia)
Vorkommen: Wiesen, Äcker, Gärten – überall dort, wo Pusteblumensamen hinfliegen können
Sammelzeit: Blüten ganzjährig, Wurzeln im Oktober
Wie: innerlich (Tee), äußerlich (Umschlag)
Wirkung: entgiftend, Leber- und Gallenerkrankungen (z.B. Hepatitis oder Cholezystitis), Blasenentzündung, Arthritis, Rheuma, entzündliche Hauterkrankungen (z.B. Neurodermitis)
Das sagt die TCM: klärt Hitze, wirkt Qi-Stagnation entgegen, kühlt Leber Feuer, wirkt aufsteigendem Leber Yang entgegen
Quellennachweis
- Dr. Florian Ploberger, Westliche Kräuter aus Sicht der TCM (2019)
- Katharina Wimmer, Wild Wild Womens World (2016)
super Beitrag und echt gut erklärt…..ich mach dann aus den tollen Kräutern Hydrolate 😉