„Das was du brauchst, wächst vor deiner Haustüre in deinem Garten“, so die österreichische Hebamme und Naturheilkundlerin Erika Pichler. Dieses Wissen rückte mit der rasanten Entwicklung chemisch-synthetischer Heilmittel etwas in den Hintergrund. Doch es gibt Menschen, die altes und neues Wissen verbinden und wieder stärker unter die Leute bringen wollen. Frau Mag. pharm. Elisabeth Halbweis ist so eine Frau. Sie führt ihre Apotheke am Linzer Schillerplatz in 4. Generation und ist dabei den Wurzeln der Pharmazie treu geblieben: der Naturheilkunde.
Klostermedizin neu entdeckt
Seit die Menschheit existiert, hat sie mit einer Vielzahl von Krankheiten zu kämpfen. Vor allem Klöster trugen im europäischen Mittelalter wesentlich zur Krankenversorgung bei. Dort wurde intensiv geforscht und bekannte Heilerinnen wie Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) schrieben ihre Erkenntnisse und Erfahrungen nieder. Dieses Naturwissen ist heute aktueller denn je.
Ich habe mit der Linzer Apothekeneigentümerin Mag. Elisabeth Halbweis über die Synthese von moderner Pharmakologie und altem Naturheilwissen gesprochen, warum die Psyche in der Gesundheit dabei eine große Rolle spielt und wie wir Kräuterwissen für diese nutzen können.

Frau Halbweis, woher kommt Ihr Zugang zur Natur?
Ich war ein kompletter Stadtmensch und bin mitten in Linz in einer Wohnung im 8. Stock aufgewachsen. Als mein Mann und ich Kinder bekamen, wollte ich mit ihnen raus in die Natur. So kam es, dass wir eine Wohnung am Attersee anmieteten. Da habe ich erstmals begonnen, einen Bezug zur Natur zu finden. Schließlich zogen wir ins Mühlviertel und meine Verbindung zur Natur wuchs weiter. Es ging raus ins Grüne, um Blütenessenzen herzustellen. Nach und nach habe ich entdeckt, welche Schätze die Natur zu bieten hat.
Kräuterkunde und Klostermedizin zeigen uns, wie wir mit pflanzlichen Wirkstoffen aus Kräutern, ätherischen Ölen und Mineralien auf sanfte Art und Weise unsere Selbstheilungskräfte aktivieren können. Ich bin zudem mediale Energetikerin und lasse auch dieses Wissen z.B. zu energetischen Essenzen, in meine Arbeit einfließen.
Wie können Menschen dieses Naturwissen für ihre Gesundheit nutzen?
Zunächst muss man sich innerlich dafür öffnen. Wenn ich als Mensch sehr skeptisch bin, dann ist es grundsätzlich schwer, sich auf die Natur einzustimmen. Die Pflanzen haben Informationen für uns und wenn ich diese abblocke, kommen sie nicht an. Sich erstmal in die Natur zu begeben und wahrzunehmen macht daher Sinn. Das beginnt mit der Stille des Waldes, sehr aktuell ist in diesem Zusammenhang das sogenannte Waldbaden.
Im zweiten Schritt kann man einfach mal beginnen Kräutertees zu trinken und zu beobachten, was sich im Körper verändert.
Die Wirkung von Heilkräutern in Tees ist ja nicht zu unterschätzen, oder?
Das ist richtig. Es gibt das Sprichwort “ „In dosis venenum facit“ – in der Dosis liegt das Gift. Die richtige Dosierung und die Ziehdauer sind bei Tees wesentlich. Wir sehen es in der Apotheke als unsere Aufgabe, dieses Wissen wieder mehr unter die Menschen zu bringen und pflanzliche Alternativen anzubieten.
Klingt nach einer großen Aufgabe?
Meine Vision ist es zurück zu den Wurzeln zu gehen. Pharmazie kommt schließlich aus der Naturheilkunde. Es ist aber auch wichtig, dass man nichts ausschließt. Manchmal braucht man die Schulmedizin. Es gibt eben nicht Schwarz oder Weiß, sondern immer ein sowohl als auch. Es braucht eine ganzheitliche Sicht.
Wie meinen Sie das genau?
Naja, ich glaube, dass die meisten Krankheiten auf die Psyche zurückzuführen sind: Von den Anlagen die wir in uns tragen bis hin zum Umgang mit unserer Umwelt. Unser Unterbewusstsein wirkt sich unglaublich auf die hormonelle Steuerung aus. Es spielt alles zusammen: Körper, Geist und Seele, wie man so schön sagt.
Können Sie Kräuter für die Psyche empfehlen?
Ganz spannend ist in diesem Zusammenhang Paracelsus Signaturenlehre. Diese weist auf Merkmale und Ähnlichkeiten von Pflanzen und ihrer Heilwirkung hin. Das Johanniskraut hat z.B. strahlend gelbe Blüten und wirkt sehr gut bei Depressionen. Es gibt jedoch auch Einschränkungen, da man dieses Kraut nicht immer nehmen soll. Zum Beispiel bei gleichzeitiger Einnahme von Johanniskraut und der Antibabypille oder bestimmten Arzneimitteln für das Herz ist Vorsicht geboten, daher ist wichtig mit dem Arzt oder Apotheker Rücksprache zu halten.
Weiters ist die Passionsblume empfehlenswert. Man kann auch aus Knospen und Trieben Heilmittel herstellen, dies nennt man Gemmotherapie. Hier geht es darum, wie auf das vegetative Nervensystem Einfluss genommen werden kann.
Bei Depressionen sind zudem ätherische Öle wie Lavendel und Zitrusdüfte hilfreich.
Welche qualitativen Unterschiede gilt es bei Kräutern zu beachten?
Das große Thema bei den Kräutern ist, dass es zwei Qualitäten gibt. Bei der Arzneibuchqualität wird der Wirkstoffgehalt genau überprüft, d.h. wenn ich eine Krankheit habe, kann ich genau sagen, in welcher Dosis der Wirkstoff vorhanden ist. Der Schadstoffgehalt darf dabei einen gewissen Wert nicht übersteigen.
Bei der Bioqualität ist der Vorteil, dass die Kräuter unbehandelt sind. Natürlich sieht jede Bio-Charge anders aus, das ist für Kunden manchmal befremdlich. Aber das ist die Natur. Einzigartig – so wie wir auch.
Danke für das nette und aufschlussreiche Gespräch!
Was ich in der Gesellschaft allerdings oft merke ist, dass viele Menschen gegen Naturheilkunde Vorurteile haben. Auch in meinem Bekanntenkreis wird das oft als Humbuk abgestempelt. Ich finde vor allem die chinesische Naturheilkunde sehr interessant und finde es toll, dass ihr versucht dass sich Menschen dem einfach mehr öffnen 🙂