Marlen Schinko beschließt mit 18 glücklich zu werden. Heute, 11 Jahre später, ist sie Yogalehrerin und inspiriert Schüler zu mehr Mut und Lebensfreude. Was sie dazu bewegt hat Yogalehrerin zu werden und warum sie dafür einmal um die Welt reisen musste, erfährst du in diesem Interview.
Marlen, wie bist du zu Yoga gekommen?
Marlen: Mit 18, also vor ziemlich genau 11 Jahren, habe ich mich bewusst entschieden, glücklich zu werden. Zuerst begann ich an meinem Lebensstil zu schrauben: Ich wurde sehr reflektiert, lebte bewusster und begann zu sporteln. Besonders nach dem Laufen liebte ich es, mich in alle Richtungen zu strecken und zu dehnen. Dass das, was ich da tat, Yoga war, wurde mir erst bewusst, als ich auf dem Titelblatt eines Magazins Lord of the Dance Pose (Anm: Natarajasana) sah: Mit der Position habe ich bereits seit Wochen gespielt ohne zu wissen, dass es Yoga war. Das kraftvolle Dehnen und die Achtsamkeit, welche der Balanceakt forderte, haben mich total eingenommen. „Wenn das Yoga ist“, dachte ich mir damals, „dann sollte ich mir das einmal genauer ansehen“.
Ich musste viele Yogaschulen abklappern, bis ich mich angekommen fühlte. Man nimmt ja auch nicht den erstbesten Geliebten, oder? Es macht jedenfalls durchaus Sinn, dem Yoga eine zweite Chance zu geben. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich damals hartnäckig geblieben bin.
Und was hat der Gang auf die Yogamatte mit dir gemacht?
Yoga hat mir von allen Dingen am meisten geholfen, mein Leben in Bahnen zu lenken, die mir Spaß bringen. Ich kann die Zügel heute selbst in die Hand nehmen und fühle mich nicht länger als blinder Passagier.
Ich würde mich von Natur wegen her nicht als Bewegungstalent bezeichnen. Durch Yoga begann ich mich in meinem Körper Stück für Stück freier zu fühlen. Verspannungen durften sich nach und nach lösen und ich wurde beweglicher. Ich schöpfte Kraft aus den Übungen, die ich an der Bauchmaschine im Fitness Center nie gefunden hätte: Yoga lernt den Muskeln und Faszienketten zusammenzuarbeiten und so sehr viel vielschichtiger zu funktionieren, als wenn man sie isoliert aufbaut. Yoga kann ein richtig gutes Workout sein, und dazu noch sehr viel mehr. Beim Bauch Beine Po zählt man die Wiederholungen, bis man fertig ist. Beim Yoga fokussiert man sich auf den Körper, seine Bewegung und den Atem. Diese Achtsamkeit ermöglicht es, sich selbst besser kennen zu lernen.
Dabei lerne ich meine Gedanken- und Gefühlswelt immer wieder neu kennen und damit mich selbst. Das klingt jetzt vielleicht bereits furchtbar spirituell, ist aber ganz logisch: Wenn du zum Beispiel in der Planke dazu neigst schnell aufzugeben, dann könnte es sein, dass du auch im Alltag nicht auf deine Kräfte vertraust und dich eher zurücknimmst. Das schöne ist, dass es im Yoga gar nicht darum geht, das zu bewerten. Es ist wie es ist. Es geht darum, es wahrzunehmen. Bewusst zu leben.
Yoga bietet eine riesige Werkzeugkiste, die mich auch in 20 Jahren noch unterstützen wird, die zu sein, die ich sein kann und sein will. Was auch immer das dann heißen mag.
Was hat dich schließlich dazu bewegt, selbst Yogalehrerin zu werden?
Ich wollte wissen was meine Lehrer wissen (lacht). Nach einem Jahr Yoga habe ich bereits gespürt, dass das etwas mit mir macht. Ich wollte mehr davon und ich wollte es verstehen. Das mit dem Verstehen beginnt ehrlich gesagt erst die letzten Jahre. Verändert hat mich das Teacher Training aber allemal. Mein Meister hat mir damals einige gehörige Arschtritte verpasst, die wirklich gesessen haben. Das stellte mein damals ohnehin selbstzweifelndes Ego gehörig auf Probe und war wohl dennoch genau das, was es damals gebraucht hat. Und vielleicht immer wieder brauchen wird.
Das Unterrichten hätte ich mir da jedenfalls noch nicht zugetraut und wäre es auch zu früh gewesen. Es brauchte noch ein paar Jahre Selbststudium und eine gute Portion Selbstvertrauen, bis ich mich entschieden habe, meine Leidenschaft als Yoga-Muse zu teilen.
Du hast nach deiner Yogalehrerausbildung den Rucksack gepackt und bist um die Welt gereist. Was hat dich in die Ferne getrieben?
Während der Yogalehrerausbildung habe ich gespürt, dass ich meine gewohnte Bahnen verlassen muss, um meinen Horizont zu erweitern. Und ich war hungrig, die Welt zu entdecken. Ich kündigte einen immer wieder spannenden und sicheren Job und sagte meinen Eltern, denen das sogar nicht schmeckte, für ein Jahr adieu.
Unterwegs habe ich mich selbst immer wieder in Situationen manövriert, in denen ich mich ernsthaft mit dem Thema Leben und Tod auseinander setzen durfte. Es war im wahrsten Sinne eine sehr aufregende Zeit, und ich habe es geliebt.
Das wieder Nach-Hause-Kommen war dabei eine genau so wichtige Erfahrung wie das Loslassen und Reisen. Das ganze Projekt war jedenfalls lebensverändernd.
Heute verbindest du das Reisen mit dem Yoga. Wo geht dein nächster Trip hin?
Im Februar 2016 biete ich ein Intensive Yoga Retreat in Koh Tao, Thailand an. Die Insel ist ein ganz besonderer Ort für mich: Hier habe ich einige Wochen gelebt und begonnen zu unterrichten. Die Menschen, das sportliche Angebot und die ruhigen Buchten ziehen mich immer wieder dort hin. Mit dem Retreat teile ich diesen besonderen Ort und meine Erfahrung.
Was ist für dich der Kern deiner Yoga-Stunden? Worauf legst du besonders wert?
Ich will meine Teilnehmer inspirieren und ihnen etwas mitgeben, das über die Yoga Stunde hinaus dient. Deshalb nenne ich mich auch lieber Yoga-Muse als Yogalehrerin. Wie ich das mache und was das ist kommt natürlich immer auf den Einzelnen bzw. die Gruppe an. Obsterstes Gebot ist für mich dabei immer Authentizität. Ich gebe nichts weiter, dass ich nicht selbst lebe.
Spiritualität war für mich vor zehn Jahren, was für den Vampir das Kreuz ist. Obwohl sich mein Verhältnis dazu verändert hat, biete ich einen sehr körperlichen Yogastil an und lasse mentale und emotionalen Anregungen einfließen. Die Spiritualität jedes Einzelnen darf sich mit der Bewegung individuell entfalten. Generell gibt es in meinen Stunden keine Dogmen. Alles was gut tut, ist erlaubt. Dieser Zugang ist meines Erachtens auch ein sehr ehrlicher.
Ich möchte einfach nicht, dass meine Yogis abheben, bevor sie angekommen sind. Das beobachtet mein in der Branche leider auch allzu oft. Jetzt darf ich mich wahrscheinlich warm anschnallen: Drohbriefe können gerne via meine Website gesendet werden.
Wie sieht deine eigene Yogapraxis aus?
Während einer richtig guten Yoga-Session schließe ich meine Augen und fühle anstelle einzelner Haltungen einen stetigen Fluss. Während die Schweißperlen tropfen und meine Muskeln zittern werden meine Gedanken und Emotionen immer klarer und ich bin mit jeder Faser dabei. Das ist absolute Entspannung in Anspannung und schenkt mir eine Leichtigkeit, die ich sonst nirgendwo finde.
Ich spiele auch gerne mit Arm Balancen. Nicht weil ich es so gut kann, sondern weil sehr viel Erfahrungspotential darin steckt. Mit jedem freien Handstand setze ich mich wie von selbst mit Themen wie Angst, Mut, Ehrzeig, Fokus etc. auseinander. Genauso wie die Power suche ich das ruhige, restorative Yoga. So wie es im Leben Yin und Yang braucht, braucht es auch im Yoga die Balance.
Gibt es ein Asana oder Pranayama, das du für unverzichtbar hältst?
Die ganze Werkzeugkiste im Yoga mit Asana, Pranayama, Meditation und Philosphie finde ich super spannend und ich wühle immer wieder gerne darin. Ich glaube, dass jedem Einzelnen in jeder Lebensphase etwas anderes am meisten hilft. Und das ist nicht immer das, was man am liebsten mag. Da darf ich mich auch selbst immer wieder bei der Nase nehmen (lacht). Wir Westler dürfen jedenfalls fast alle an unserer Haltung und an unserem Vermögen loszulassen arbeiten.
Hast du ein Motto, welches du Yogaübenden noch mit auf den Weg geben möchtest?
Wenn ich mich für eines entscheiden muss: Nutze deine Yogapraxis, um im Hier und Jetzt anzukommen. Hier liegt deine Kraft. Yoga Asana ist ein tolles Mittel, das zu erfahren. Immer wieder neu. Lass also die Uhr und dein Handy daheim, wenn du das nächste Mal ins Yogastudio gehst und tauche voll in die Praxis ein. Anstatt die Minuten zu zählen werde neugierig, anstatt dich abzulenken spüre genau hin.
Wir alle hängen so oft der Vergangenheit nach oder eifern in die Zukunft, dass wir ganz vergessen, dass alles, was wir tatsächlich beeinflussen können, im Hier und Jetzt liegt.
Lust auf Yoga mit Marlen? Ihr Studio liegt mitten im Grünen in Großstroheim 2, 4074 Stroheim – nur 2 km von Eferding, Oberösterreich entfernt. Mehr auf www.yoma.at
WOW liebe dieses Interview. So viel Inspiration, Ehrlichkeit und Liebe zu dem was du nicht nur tust, sondern lebst Marlen. Amazing! Freue mich auf mehr! Ein großes Dankeschön aus HongKong