Berührung ist eine Sprache der Liebe. Für die Kleinsten unter uns ist sie sogar überlebenswichtig. Neugeborene brauchen Körperkontakt und Berührung aber nicht nur zum Überleben, sondern vor allem um sich geborgen und geliebt zu fühlen. Sibylle Gandler lehrt seit vielen Jahren Müttern und Vätern die Babymassage nach Vimala Schneider McClure und erklärt in diesem Interview, was Berührung mit Babys macht.
Sibylle, wie bist du zur Babymassage gekommen?
Im Zuge meiner Tätigkeit in der schwedischen Kirche als Projektleiterin für Familienprojekte, hatte ich auch Eltern mit Babys, die einmal in der Woche unseren Treffpunkt Eltern und Babys besuchten. Mir ist damals aufgefallen, dass die Treffen für Mütter und Väter interessant waren, um sich auszutauschen, die Babies waren mit dabei. Die Aufmerksamkeit lag nicht bei ihnen. Irgendwie fehlte etwas, war es der Fokus auf das Kind?
Ich begann zu überlegen und im Internet nach Möglichkeiten zu suchen und entdeckte die Ausbildung zur diplomierten Leiterin für Babymassage. Eine sehr spannende Reise in die Welt der Körpersprache begann und hat mich bis heute nicht mehr losgelassen.
Was ist die Philosophie hinter deiner Babymassage?
Es geht um das Prinzip der liebevollen Berührung in zwischenmenschlicher Beziehung, um die Wahrnehmung und Anerkennung der Einzigartigkeit, mit der jeder Mensch ausgestattet ist. Durch diese Berührung nimmst du dein Kind und die Signale die es aussendet viel intensiver wahr, und beginnst die Körpersprache deines Kindes zu verstehen.
Vimala Schneider McClure hat den Kurs „Babymassage“ ins Leben gerufen und Vereine auf der ganzen Welt gegründet, um an Eltern, Großeltern Verwandte…. weiterzugeben, was sie in Indien in den Kinderheimen gesehen und erfahren hat. Nämlich, sich durch Massage mit den Kindern zu verbinden, Vertrauen herzustellen und Heilung zu bewirken.

„Es geht um das Prinzip der liebevollen Berührung in zwischenmenschlicher Beziehung, um die Wahrnehmung und Anerkennung der Einzigartigkeit, mit der jeder Mensch ausgestattet ist.“ Sibylle Gandler, Babymassage-Lehrerin
Wozu ist es gut, mein Baby zu massieren?
Du lernst dein Kind noch einmal neu kennen, indem du jeden Tag qualitative, stille und entspannte Zeit verbringst. Es wird zu einem Ritual und schafft Vertrauen. Das Bindungshormon Oxytocin wird bei der Massage immer wieder neu stimuliert und lässt Mutter bzw. Vater und Baby entspannter sein. Eltern, die ihr Baby massieren, können die Signale ihres Kindes viel besser verstehen.
Besonders Väter, können mit Massage körperlichen Kontakt zu ihren Babys bekommen und sind damit rasch nach der Geburt mit eingebunden.
Ab wann darf ein Baby massiert werden?
Das ist unterschiedlich. Wenn das Baby zeitgerecht geboren wird, ist es ab dem ersten Tag möglich zu massieren. In kleinen Schritten, beginnend mit den Beinen. Langsam und einfühlsam erweitert man dann das Programm, immer mit der Voraussetzung, dass es für das Baby stimmig ist.
Welche Öle verwendest du für die Babymassage?
Da die Haut ja ein sehr wichtiges Organ ist, verwendet man nur kaltgepresstes Mandel oder Sesamöl. Diese Öle sind neutral und auch für empflindliche Babyhaut sehr gut geeignet.
Was sind deine Erfahrungen aus den Kursen, wie reagieren Babys auf die Berührungen ihrer Eltern?
Das ist sehr unterschiedlich, es kommt darauf an, wie ihre Eltern Berührung empfinden. Wenn beide Elternteile gerne berühren und berührt werden, dann ist es für sie eine weitere Möglichkeit, ihrem Kind mit Hingabe ihre Erfahrungen weiterzugeben. Das spürt das Kind und es wird die Massage als angenehm empfinden. Sind Eltern mit Berührung auf du und du, dann ist es für beide eine neue Erfahrung, die mit Achtsamkeit gemacht werden darf.
Ich habe sicher schon 500 bis 700 Eltern in Babymassage unterrichtet, dabei ist mir nur selten aufgefallen, dass Babys unruhig werden und zu weinen beginnen, aber es kommt vor. Dann empfehle ich, das Kind aufzunehmen und liebevoll zu halten, und es zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu probieren.
Wie wir aus Studien wissen, können Babys nicht nur mit Ernährung alleine überleben, sie brauchen viel Zuwendung und körperliche Nähe, um sich seelisch, körperlich und geistig entwickeln zu können.
Hast du noch einen abschließenden Tipp für uns Eltern?
Ich würde allen Eltern sehr empfehlen, wenn es ihnen möglich ist, ihre Kinder als eigenständige Persönlichkeiten zu sehen, und die daraus zu beobachtenden Talente zu fördern und zu unterstützen.
Die körperliche Nähe ist besonders im ersten Jahr ein sehr wichtiger unterstützender Teil, der dem Kind Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Damit wird der Grundstock gelegt, mit guten Selbstvertrauen und Liebe in die Welt zu gehen.
Auch habe ich einen wichtigen Buchtipp „die Suche nach dem verlorenen Glück“ geschrieben von Jean Liedloff. Sie ist Publizistin und Psychotherapeutin, die mehrere Expeditionen in den venezolanischen Urwald unternahm, um die Urvölker und ihr Verhalten zu Kindern zu studieren. Sie lebte mehrere Jahre mit den Yequana Indianern im Dschungel. Daraus entstand das Buch.
Danke für die Tipps und das tolle Interview!
Möchtest du Babymassage bei Sibylle lernen? Das ist in regelmäßigen Kursen in der Kleingruppe bei ihr in Linz (Oberösterreich) möglich. Termine und Kontaktdaten findest du auf Sibylles Website http://yi-yoga-bewegt.at.